Schwerpunktthema 2 (2025)

In dieser Zusammenfassung geht es um das zweite Schwerpunktthema für das Abitur 2025 im Fach Geschichte. Der Schwerpunkt liegt auf der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in West- und Osteuropa von den 1950er Jahren bis zum Beginn der 1970er Jahre, auf Protestbewegungen sowie auf dem Zusammenbruch des Ostblocks.

Wirtschaftlicher Aufschwung in West- und Osteuropa (1950–1970)

Das Wirtschaftswunder in Westdeutschland
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Bundesrepublik Deutschland eine Phase rasanten wirtschaftlichen Wachstums, die als „Wirtschaftswunder“ bezeichnet wird. Auslöser waren die Währungsreform von 1948, der Marshallplan und die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft. Die Bundesrepublik band sich eng an die westlichen Demokratien, wurde 1951 Gründungsmitglied der Montanunion und 1957 Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.

Der Lebensstandard stieg stark an: Die Kaufkraft der Löhne erhöhte sich zwischen 1950 und 1960 um 73 %, die Arbeitslosigkeit sank bis Mitte der 1950er Jahre auf unter zwei Prozent. Millionen Vertriebene und Zuwanderer aus der DDR fanden Arbeit. Die Industrie – insbesondere die Fahrzeugindustrie – wuchs rasant, der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft sank deutlich.

Soziale Marktwirtschaft und Wohlstand für alle
Die Soziale Marktwirtschaft sollte Wohlstand und soziale Sicherheit garantieren. Dabei griff der Staat regulierend ein, um soziale Ungleichheiten abzufedern, z. B. durch sozialen Wohnungsbau und Rentenreformen. Ziel war es, die negativen Folgen des Kapitalismus zu begrenzen und allen Bevölkerungsschichten Teilhabe am Wohlstand zu ermöglichen.

Konsolidierung und Wandel
Ab den 1960er Jahren setzte ein Strukturwandel ein: Der Anteil der Industrie und vor allem des Dienstleistungssektors stieg, während die Landwirtschaft an Bedeutung verlor. Die Bundesrepublik konnte die wirtschaftlichen Belastungen der Wiederbewaffnung schultern, die Staatsverschuldung war niedrig, und die D-Mark wurde aufgewertet.

Wirtschaftliche Entwicklung in der DDR
In der DDR wurde eine Zentralverwaltungswirtschaft nach sowjetischem Vorbild eingeführt. Betriebe und landwirtschaftliche Großbetriebe wurden verstaatlicht und kollektiviert. Die Wirtschaft wurde durch Fünfjahrespläne zentral gesteuert. Zwar gab es auch in der DDR in den 1950er Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung, doch langfristig führten Planungsfehler, Versorgungsprobleme und mangelnde Innovation zu Engpässen und Unzufriedenheit.

Die Schwerindustrie stand im Mittelpunkt, aber die starre Planwirtschaft führte dazu, dass Angebot und Nachfrage oft nicht zusammenpassten. Beispiele wie die langen Wartezeiten auf einen Trabant zeigen die Ineffizienz des Systems. Arbeitslosigkeit gab es offiziell nicht, stattdessen bestand ein Recht und zugleich Zwang zur Arbeit.

Vergleich: Westdeutschland und DDR

AspektBundesrepublik Deutschland (Westen)DDR (Osten)
WirtschaftssystemSoziale MarktwirtschaftZentralverwaltungswirtschaft
EigentumPrivat, mit staatlichen EingriffenVerstaatlichung/Kollektivierung
WohlstandStarker Anstieg, breite MittelschichtZunahme, aber Versorgungsprobleme
ArbeitsmarktVollbeschäftigung, geringe ArbeitslosigkeitRecht auf Arbeit, Zwang zur Arbeit
KonsumgesellschaftStark ausgeprägtEingeschränkt, Mangelwirtschaft

Wandel und Protestbewegungen

Der wirtschaftliche Aufschwung führte in Westdeutschland zur Entstehung einer Konsumgesellschaft. Haushaltsgeräte, Autos und Fernseher wurden zu Statussymbolen. Jugendliche lehnten das als spießig empfundene Leben ihrer Eltern ab und übernahmen Symbole wie Jeans, lange Haare und Rockmusik aus den USA.

Soziale Ungleichheit und die „nivellierte Mittelstandsgesellschaft“
Soziologen wie Helmut Schelsky sprachen von einer „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ – einem breiten, sozial angeglichenen Mittelstand. Tatsächlich bestand aber weiterhin soziale Ungleichheit, besonders im Vergleich zur DDR, die sich als sozial gerechter darstellte. Die Realität zeigte jedoch, dass auch im Osten eine soziale Schere existierte.

Widerstand und Protest: Ost- und Westeuropa

Proteste in der DDR und im Ostblock

Nach Stalins Tod 1953 kam es zu Reformversuchen und Aufständen, etwa dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 in Ostberlin und dem Ungarnaufstand 1956. Beide wurden von sowjetischen Truppen brutal niedergeschlagen. In der Tschechoslowakei versuchte Alexander Dubček 1968 im „Prager Frühling“ einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ einzuführen. Auch dieser Reformkurs wurde militärisch beendet.

Flucht und Mauerbau

Viele Menschen verließen die DDR in Richtung Westen, vor allem junge und gut ausgebildete Fachkräfte. Die DDR versuchte dies durch den Bau der Berliner Mauer 1961 zu verhindern. Das Verlassen der DDR wurde als „Republikflucht“ kriminalisiert.

Protestbewegungen im Westen

Im Westen regte sich Widerstand gegen Wiederbewaffnung und atomare Aufrüstung, etwa durch das Göttinger Manifest von Atomphysikern und die Anti-Atomtod-Bewegung. Die 68er-Bewegung, inspiriert vom Protest gegen den Vietnamkrieg in den USA, kämpfte gegen Autoritarismus, alte NS-Eliten und für gesellschaftlichen Wertewandel, mehr Demokratie, Frauenrechte und sexuelle Selbstbestimmung.

Entspannung, Strukturwandel und Krise

Entspannungspolitik und gesellschaftlicher Aufbruch

Mit der Wahl von Willy Brandt 1969 begann eine Phase der Reformen und der Entspannungspolitik. Die KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 verpflichtete auch die Ostblockstaaten zur Achtung der Menschenrechte. Daraus entwickelten sich neue soziale Bewegungen, insbesondere Umwelt-, Friedens- und Frauenbewegungen, aus denen später die Partei „Die Grünen“ hervorging.

Wirtschaftliche Krise: Stagflation

In den 1970er Jahren endete das „Goldene Zeitalter“ des Wachstums. Der Ölpreisschock von 1973 führte zu steigenden Preisen bei stagnierender Wirtschaft („Stagflation“). Die Arbeitslosigkeit stieg dauerhaft („Sockelarbeitslosigkeit“), die soziale Ungleichheit nahm zu. Ursache war auch ein Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft und erste Auswirkungen der Digitalisierung.

Neoliberalismus als Antwort

Einige Staaten wie Großbritannien unter Margaret Thatcher setzten auf neoliberale Deregulierung und Privatisierung. In Deutschland wurde dieser Kurs nur teilweise übernommen, die Soziale Marktwirtschaft blieb jedoch weitgehend erhalten.

Der Zusammenbruch des Ostblocks

Krisen in der Sowjetunion

Die Planwirtschaft zeigte immer größere Schwächen. Die Staaten des Ostblocks verschuldeten sich zunehmend, Rüstungswettlauf und Versorgungskrisen verschärften die Lage. Die Katastrophe von Tschernobyl 1986 offenbarte die Informationspolitik und das Legitimationsproblem des Systems.

Reformen durch Gorbatschow

Gorbatschow leitete mit „Perestroika“ (Umbau) und „Glasnost“ (Offenheit) Reformen ein und ermöglichte den Staaten des Ostblocks durch die sogenannte Sinatra-Doktrin mehr Eigenständigkeit. Das führte in Polen zur unabhängigen Gewerkschaft „Solidarność“ und in der DDR zu Bürgerrechtsbewegungen.

Friedliche Revolutionen 1989

1989 kam es in der DDR zur friedlichen Revolution und zum Fall der Berliner Mauer. In der Tschechoslowakei fand die Samtene Revolution statt, die zur Wahl von Václav Havel zum Staatspräsidenten führte. Die DDR trat schließlich der Bundesrepublik bei. Trotz wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen war dies ein entscheidender Schritt für Freiheit und Demokratie in Deutschland.

Fazit

Zwischen 1950 und 1990 prägten wirtschaftlicher Aufschwung, gesellschaftlicher Wandel, Protestbewegungen und schließlich der Zusammenbruch des Ostblocks Europa. Die Bundesrepublik entwickelte sich zur Konsum- und Wohlstandsgesellschaft, während die DDR an den Grenzen ihrer Planwirtschaft scheiterte. Protest und Reformen führten schließlich zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas.