Zusammenfassung: Das faschistische Italien unter Benito Mussolini strebte nach dem Ersten Weltkrieg die Errichtung eines neuen römischen Imperiums an und führte brutale Kolonialkriege in Nordafrika und Ostafrika. Zwischen 1935 und 1941 eroberte Italien Äthiopien (damals Abessinien genannt) und errichtete ein Apartheid-ähnliches Herrschaftssystem, das durch extreme Gewalt und Rassismus geprägt war.
Der Traum vom neuen römischen Imperium
Um 1900 entwickelte sich in Italien die Idee, die alte Größe des römischen Reiches wiederherzustellen. Dieser expansionistische Gedanke zielte darauf ab, ein neues Imperium zu errichten, indem man andere Staaten unterwarf oder Kolonien erwarb. Besonders die zerfallenden Gebiete des Osmanischen Reiches erschienen als Gelegenheit, ein Machtvakuum zu füllen und neue Kolonien zu gewinnen.
Italien annektierte 1912 das heutige Libyen, das damals zum Osmanischen Reich gehörte. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem Italien als Siegermacht teilnahm, blieben die erhofften territorialen Gewinne jedoch aus. Diese Enttäuschung wurde als „Vittoria Mutilata“ (verstümmelter Sieg) bezeichnet und trug zum Aufstieg der Faschisten unter Mussolini ab 1922 bei.
Brutale Kolonialherrschaft in Nordafrika
In Libyen bekämpften die Italiener den wachsenden Widerstand mit extremer Brutalität. Sie setzten Giftgas ein und deportierten Menschen in Konzentrationslager. Bis 1932 wurde die Widerstandsbewegung vollständig zerschlagen, wobei etwa ein Achtel der libyschen Bevölkerung ums Leben kam.
Die faschistische Ideologie betrachtete die einheimische Bevölkerung als „rassisch minderwertig“, was die Brutalität der Kolonialherrschaft rechtfertigen sollte.
Der Abessinienkrieg und Italienisch-Ostafrika
1935-36 begann Italien den Abessinienkrieg zur Eroberung des heutigen Äthiopien sowie der angrenzenden Gebiete Eritrea und Somalia. Auch dieser Krieg wurde mit äußerster Härte geführt, einschließlich Giftgaseinsätzen und Massenbombardements gegen die Zivilbevölkerung.
Nach dem Sieg 1936 verkündete Mussolini die „Vollendung des Imperiums“. Intern plante das faschistische Regime jedoch, langfristig ganz Nordafrika bis zum Äquator zu unterwerfen. Die Faschisten wollten die ostafrikanischen Kolonien mit Libyen vereinen und ein „Neues Römisches Imperium“ schaffen, indem sie auch Ägypten und den Sudan besetzen würden.
Das Apartheid-System in Italienisch-Ostafrika
Die italienische Kolonialherrschaft über Abessinien dauerte nur etwa fünf Jahre (1936-1941). In dieser Zeit etablierten die Italiener ein System der Rassentrennung, das als Vorläufer der späteren Apartheid in Südafrika betrachtet werden kann. Die italienische „Herrenrasse“ sollte über die als minderwertig angesehene einheimische Bevölkerung herrschen.
Dieses Herrschaftssystem umfasste ein striktes Verbot „rassenübergreifender“ sexueller Beziehungen. Die kolonisierte Bevölkerung wurde systematisch ausgebeutet, während der anhaltende Widerstand der einheimischen Partisanen mit brutaler Gewalt beantwortet wurde. Dem italienischen Besatzungsregime fielen zwischen 1936 und 1941 zwischen 180.000 und 480.000 äthiopische Widerstandskämpfer und Zivilisten zum Opfer.
Das Ende des italienischen Kolonialreichs
Bereits im November 1941 brach der Traum vom Imperium zusammen. Britische Truppen besiegten gemeinsam mit abessinischen Streitkräften unter dem Exilkönig Haile Selassie die Italiener, die ihre Kolonien in Ostafrika aufgeben mussten.
Haile Selassie kehrte nach Addis Abeba zurück. Später verlor Italien auch Libyen, und die faschistischen Träume von einer Weltmachtstellung waren endgültig gescheitert. Im Juli 1943 wurde Mussolini abgesetzt, nachdem ihm der faschistische Großrat das Misstrauen ausgesprochen hatte.